In den letzten Wochen durfte Laura Karasek als Talkshowmoderatorin das Sommerloch von Jan Böhmermann füllen, da er sich und seinem erhobenen Zeigefinger eine Pause vom royalen Magazin gönnte.
Die Autorin und Anwältin durfte in ihrer Sendung „Zart am Limit“ aus Frankfurt durchaus interessante Gesprächsthemen diskutieren und in Folge Nummer Fünf ging es unter dem Motto „(Offene) Beziehungen und (falsche) Alibis“ um Treu, Liebe, Sex und notwendige Lügen um Menschen nicht zu enttäuschen, wie uns der Freiraummanager Stefan Eiben mit Dackelblick zu erklären versuchte.
Drei kann einer zu viel sein
Solche Alibis braucht Anna Zimt (Autorin des Buchs – In manchen Nächten habe ich einen anderen) nicht, denn sie lebt mit ihrem Ehemann Max in einer offenen Beziehung. Eine Lebensform, die für Schauspielerin Lilli Holunder nicht vorstellbar ist, denn ihr Mann ist Torwart und beide halten gemeinsam den Beziehungskasten sauber.
Damit möchte ich nicht sagen, dass eine offene Beziehung eine unsaubere Sache ist, aber es dürfen eben deutlich mehr als nur zwei Mitspieler aufs Feld und die meisten von uns wissen wohl selbst, dass in einer Liebesbeziehung eine dritte Person eine zu viel sein kann.
Für Anna Zimt und ihren Max ist die dritte Person aber erst das Salz in der Suppe, und während es bei Lilli Holunder und Eheman René Adler die rote Karte geben würde, wird bei Zimts gerne ohne Videobeweis gespielt.
Autorin Zimt liebt ihren Mann Max und die beiden haben für ihre offene (Ehe)beziehung klare Regeln aufgestellt und damit leben sie, so kommt es bei Zart am Limit rüber, ganz gut.
You Me Her im echten Leben?
Offene Beziehungen oder die verkomplizierte Form des Zusammenlebens, nämlich eine polyamoröse Beziehungen (Netflix hat dazu eine eigene, ganz witzig gemachte, Serie im Programm – You Me Her) sind nicht nur bei Frauenmagazinen wie Edition F, Cosmo oder neuerdings eben auch beim ZDF, ein Thema, auch in meiner eigenen facebooktimeline gibt es Menschen die sich damit beschäftigen und in dieser Beziehungsform leben.
Ein Grund für mich, ich wollte in diesem Sommer jede Woche ein Buch lesen (gelungen!), mir das Buch von Frau Zimt klimaneutral mit dem Rad beim Buchhändler um die Ecke zu bestellen (Die Lieferung dauert ebenso lange wie beim amerikanischen Kartonagenversender).
Wenn offene Beziehungen und Polyamorie schon so große Themen sind, dann, so der Hintergedanke, kann ich als zweifach geschiedener Mittvierziger noch was lernen und mich auf eine neue Beziehungsebene lesen. Was ist da besser als die Gebrauchsanleitung eines echten Paares?
Es ist keine Gebrauchsanleitung!

Für Liebe und Beziehungen gibt es, ich weiß es, keine Gebrauchsanleitungen. Liebe, Beziehungen, erotische Anziehung und auch Sex sind Dinge, die zwischen zwei Menschen passieren, sie sind nicht planbar und manchmal auch nicht steuerbar. Gerade aus diesem Grund hatte Anna Zimt bei Laura Karasek mein Interesse geweckt, denn eigentlich klang das bei ihr so, als ob Max und sie einen Weg gefunden haben, diese Unplanbarkeit irgendwie zu steuern.
An dieser Stelle ein Spoileralarm, denn auch diese beiden Menschen sind nur Menschen. Es gibt die Momente, in denen es zwar nach ihren Regeln geht, aber der zwanglose Sex zwischen zwei Menschen dann doch nicht ganz ohne Emotionen und Sehnsüchten abläuft. Eine der wichtigsten Regeln, die sich Anna und ihr Max gegeben haben, lautet den anderen Partner so früh wie möglich darüber zu informieren, dass aus ihnen kein Paar werden kann, sondern es immer nur um eine Affäre geht. Diese darf zwar auch über eine längere Zeit gehen, aber wenn Anna und Max sich in ihrer Wohnung treffen, dann gehen sie frisch geduscht ins Ehebett, damit dort die Spuren des bewussten und gewollten Betrugs sich nicht wie eine Wanze in den weißen Laken festbeißt.
Der mentale Kater der Sehnsucht
Anna Zimt hat dafür einen ganz netten Ausdruck in einem ihrer Kapitel verwendet, sie nennt es einen mentalen Kater der Sehnsucht. Eine schöne Umschreibung dessen, was gemeinhin auch Liebeskummer genannt werden könnte. Nur um Liebe darf es ja eben nicht gehen, denn die gehört nur ihrem Mann….
Es ist keine Gebrauchsanweisung, denn die Regeln zwischen Max und Anna funktionieren zwischen diesen beiden Menschen. Es ist ihre Welt, in der sie sich einen Rahmen für ihre Lust und Neugier auf Sex mit anderen Menschen geschaffen haben.
Am Sex gescheitert. Schade. Eigentlich!
Zusammenfassend gesehen ist das Buch, leider, an einigen Stellen nicht mehr als ein mittelmäßiger Softporno. Warum die Autorin ihre eigene, so spannende und interessante Form des Zusammenlebens mit der ziemlich detailreichen Schilderung mancher Sexausflüge vermischt ist mir nicht klar. Es macht das Buch nur schlechter, es nimmt ihm die Seriosität, die an manchen Stellen vorhanden ist und reduziert die offene Schilderung ihrer Beziehungsform auf das was es vielleicht dann doch nur für Anna und Max ist, eine Ausrede um mit anderen Menschen, ohne vermeintlich schlechtes Gewissen, schlafen zu können. Da nutzt es auch nichts, wenn die Autorin ganz am Ende auf das weite Meer schaut und an Max denkt. Die Ernsthaftigkeit des Buchs hat sie, aus meiner Sicht, mit den verkaufsfördernden Beschreibungen des Kopulierens zunichte gemacht. Schade. Eigentlich.
Bild: Eigen und Adobe Stock
2 Comments
Lieber Paddy, ein sehr gelungener Artikel. Du kannst dir sicher vorstellen, dass ich ihn sofort lesen musste. Für mich ist “guter Sex” nur mit einem Menschen schön, für den ich Gefühle habe. Anderer “guter Sex” ist auch mit Menschen möglich, denen Frau oder Mann null Gefühle entgegenbringt. Dann ist es für mich eine wertvolle Sport-Einheit hoffentlich mit einer Prise Humor versehen oder eine Übungseinheit. Es gibt bestimmt viele Tipps in Sachen Sex und dennoch ist er so individuell und für jedes Lebewesen anders schön. SEX einer der schönsten Dinge in diesem Universum – mit Liebe im Spiel oder eben als Sporteinheit ohne Liebe …
Merci!