(Massiver Spoileralarm) Entäuscht, gelangweilt und angeödet bin ich mittlerweile von den Krimis von Daniel Holbe. Der neueste Roman „Blutwette“ beginnt so wie die vielen anderen Krimis von Andreas Franz (nach dessen Tod Daniel Holbe die Reihe fortsetzen konnte) mit einer Frau die auf der Flucht ist, gehetzt von einer Horde Männern, so ist zu vermuten, und dann nimmt der Krimi seinen auch so sehr vorhersehbaren Lauf.

Einzige, aber fast schon traurige, Überraschung ist der Tod von Julia Durants Vater. Der kluge evangelische Pfarrer der in der bayerischen Diaspora den protestantischen Gläubigen ein guter Hirte gewesen sein muss, denn so wurde er in allen Durant-Krimis beschrieben, wird seiner Julia keine moralische Hifestellung mehr geben können. Nun also ist nicht nur die Schwangerschaft von Julia gestorben, sondern auch noch ihr Vater. Ein Schicksalsschlag reichte offenbar nicht aus, oder es ist der Einstieg in den Ausstieg der Julia Durant aus dem Leben als Polizistin?
Damit ist es aber auch schon fast genug an Neuigkeiten in diesem Krimi, denn wie immer geht es um gequälte Frauen, miese Typen und die Verstrickung der oberen Zehntausend (noch miesere Typen) in die Vertuschung der Straftaten.
So sehr es wichtig ist, dass darauf hingewiesen wird wie oft Frauen Opfer von sexueller Gewalt und Mißbrauch werden, so unerträglicher finde ich, über die vielen Jahre in denen ich die Franz/Holbe – Romane lese, den Einsatz des Mißbrauchs als nahezu monothematisches Stilmittel um einen Spannungsbogen aufzubauen.
Es ist am Ende so etwas von durchsichtig wer die Mörderin ist, dass es nichts ausmachen würde, wenn man bei diesem Roman zwischendurch einschläft und dann einfach kurz vor dem Ende weiterlesen würde. Nichts würde einen überraschen.
Auch die halbwegs vernünftige Story um einen gefallenen Boxer kann diesen Roman nicht aus dem Sumpf der Beliebigkeit herausholen. Die Personen und Plätze sind austauschbar. Die Handlung ebenso, der Mißbrauch wird in einer anderen Facette geschildert und ich frage mich was einen Autor so sehr an diesem Thema fasziniert, dass es ihn nicht loslässt, oder geht es nur noch darum brutale Formen von Sex durch den erhobenen, literarischen, Zeigefinger zu schildern?
Allmen und die Erotik
Wie viel entspannter sind da die Krimis von Martin Suter um den hochstaplerischen Ermittler Johann Friedrich von Allmen. Auch hier gibt es natürlich, wie bei jeder Serie, irgendwann eine gewisse Ermüdung in einzelnen Sequenzen, aber Martin Suter hat eben ein feineres Händchen, wenn es darum geht die Alltäglichkeit der Romanfiguren zu schildern.
Von Allmen muss zwar immer wieder mit reizenden Damen in den Clinch gehen, aber dies schafft eine deutlich andere Atmosphäre, als die Brutalität bei Holbe/Franz wenn es um das Thema Sex geht.

Diesmal ist die Erotik, beim Krimi von Daniel Holbe kann gar nicht von Erotik gesprochen werden, bei Suter allerdings Titelthema und deshalb habe ich diese beiden Romane auch absichtlich verglichen.
Allmen hat es diesmal mit erotischen Figuren zu tun und mit einem leeren Geldbeutel, ein Zustand der diesen Mann allerdings nicht komplett verzweifeln lässt, sondern ihn fast schon zu Höchstleistungen anspornt, damit sich dieser Zustand bald wieder bessert. Ganz freiwillig geht J.F.v.A. allerdings nicht an diesen Fall heran, sondern er muss sich einer Erpressung beugen und nur Dank Carlos und der klugen Maria schafft es der verarmte Adelsmann halbwegs unbeschadet aus dieser Story herauszukommen.
Suter schafft es immer wieder, den Spannungsbogen wirklich hoch zu halten. Seine Figuren sind keine durchsichtigen Marionetten einer halbseidenen Handlung mit einem vorhersehbaren Ende, sondern dicht, dunkel und nicht wirklich zu durchschauen.
Suters Erotik ist so leicht wie die Drinks an Jorges Bar schwer sind und die Damen sind hier keine Opfer, sondern höchstens gut bezahlte Täterinnen, ohne das wirklich jemand zu Schaden kommt, sehen wir mal davon ab, dass von Allmen sein Geld hätte besser investieren können.
Da wird der Mißbrauch fast zur Mißhandlung
Sex und/oder Erotik schließen sich nicht aus, schon gar nicht in der Literatur. Sie gehören oft dazu, weil wir es alle mögen wenn es ein wenig knistert. Mehr Spaß macht aber das kluge und versteckte Spiel mit den zwischenmenschlichen Gefühlen, als die brutale, und sich immer nur in Facetten unterscheidende, Schilderung von Gewalt gegen Frauen in den Holbe/Franz-Krimis. Es gibt die böse Seite in Menschen und es ist wichtig dies nicht zu vergessen, aber als reiner Klebstoff für eine vorhersehbare Handlung verwandelt sich die Schilderung des Mißbrauchs fast selbst zu einer Mißhandlung dieses Themas.
Bild: Blutwette – Drömer
Bild: Allem – Diogenes
Bild: Parkhaus – Death to Stock
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