In den alten Tagen der F.A.Z. konnte man sich auf das Blatt aus der Frankfurter Frankenalle verlassen. Politisch nahe bei der CDU und in Wirtschafts-/ und Finanzthemen immer gut informiert und mit einer verlässlichen Meinung ein guter Begleiter durch den Alltag.
Irgendwann begann sich dann die Welt rund um die Welt der F.A.Z. zu verändern. Die F.A.Z. merkte das nicht ganz so schnell, aber irgendwann beschloss wohl auch jemand mit Ausblick auf die von Bäumen gesäumte Straße, von der aus schon Joschka Fischer Steine gegen das Verlagsgebäude geworfen haben soll, die FAZ fit fürs Internet zu machen.
Stil statt Wirtschaft

Druckplatte der F.A.Z.
Aus dieser Idee entstand dann wohl auch das Ressort Stil (sollte es bereits in der gedruckten Ausgabe eine entsprechende Rubrik gegeben haben, dann möge man es mir nachsehen, weil es später an der Grundaussage dieses Beitrags nichts ändern wird) einzuführen.
Im Bereich Stil geht es bei der F.A.Z. deutlich boulevardesker, als in der gedruckten Ausgabe, zu. Ein Grund dafür könnten die Kosten für das Papier sein, denn dieses wird immer noch mit den Aktienkursen vom Vortag bedruckt oder mit Leserbriefen und immer noch hochkompetenten Kommentaren aus den Ressorts Politik, Wirtschaft und Finanzen.
Trotzdem ist das Thema Stil natürlich nicht unwichtig. Aus diesem Grund schreiben bei der F.A.Z. auch immer wieder einige Redakteure gut gemachte und geistreiche Dinge rund um das Thema Essen & Trinken, Leib & Seele und Mode& Design. Im Gegensatz zum Ambiente des Frankfurter „Kamerun“, wie das Frankfurter-Gallusviertel, wo das Verlagshaus seinen Sitz hat, auch genannt wird, geht es weniger um Döner & Worscht, und noch weniger um Ballonseide & Basecap. Es geht natürlich um den gehobenen Stil des F.A.Z.-Lesers.
Aus diesem Grund erschien am 12. Februar ein Artikel mit der schönen Überschrift „Keine Gnade für den Bauchansatz“. Geschrieben hat ihn die in Frankfurt geboren Autorin Wäis Kiani, die ansonsten für die InStyle und den Sonntagsblick aus der Schweiz schreibt.
Frau Kiani hat sich in ihrem Artikel den Männern und ihren Hemden gewidmet, und findet den deutschen Mann zu dick,
Ein feuchter Traum von einer enganliegenden Knopfleiste
Sie wünscht sich enganliegende Hemden auf schlanken Männerkörpern, und das dieser Wunschtraum Frau Kiani sehr bewegt, merken wir ihren Zeilen an, die sie so schön für das Internet und das 52g-Papier der Sonntagszeitung geschrieben hat.
Sollte die Geschichte nicht erfunden sein, so dürfte der Mann um den es geht, sich geschmeichelt fühlen
Mein Tischherr kaute und sah mich glücklich an. Ich blickte auf seine gertenschlanke Körpermitte, die in einem extrem schmalen weißen Baumwollhemd steckte. Der Stoff lag straff auf seiner jetzt wohl gutgefüllten, aber flachen Bauchdecke – aber es spannte kein bisschen. Die Knopflochleiste lag glatt und grade auf der Knopfleiste, und kein einziges Knopfloch war auch nur einen halben Millimeter gedehnt. Nichts wies darauf hin, dass sich unter dem makellos weißen Stoff soeben Unmengen von Brot, Dip, Fisch, Lammbraten, Reis und anderen Dingen befanden.…..Ich sah sehr lange und genau hin. Er bemerkte es, immer noch kauend, und fragte erschrocken: Habe ich eine Wampe? Nein, ganz im Gegenteil, antwortete ich, dein Hemd ist so eng! Und du bist so schlank! Wie machst du das, wenn du so viel isst? Er lachte: Das ist harte Arbeit! Aber ist mein Hemd zu eng? Nein, es ist genau eng genug, war meine zufriedene Antwort. Ich wünschte, alle deutschen Männer würden so enge Hemden tragen. Es ist perfekt!
Er strich sich über den weißen, glatten, mit Baumwolle überzogenen Bauch..
In den nachfolgenden Zeilen verliert sich ihre Hommage an diesen Mann irgendwo zwischen David Bowie und Jarvis Cocker, bis wir noch erfahren wie alt ihr fleischgewordener feuchter Traum im weißen Stoff ist: 36 Jahre !
Harald Schmidt darf auch noch herhalten, weil er so schön schlaksig ist. Wer Harald Schmidt in letzter Zeit in seiner Traumschiffrolle gesehen hat, dem dürften zwar leichte Zweifel kommen, aber kehren wir zurück zum eigentlichen Thema. Frau Kinai durfte also neben einem 36-jährigen Mann dinieren, der es sich erlauben konnte mal ein wenig zu futtern, ohne dass sich die Knopfleiste leicht verzog.
Um ihren Traum von einem Mann leicht zu überhöhen spricht sie den deutschen Männern per se jeden Geschmack ab und einen degenerierten Trainigswillen dichtet sie uns auch an.
Mir ist der Wunsch von Frau Kiani durchaus verständlich, denn ich wünsche mir auch Frauen die sich nicht in Jogginghosen in die U-Bahn quetschen und mit lustigen Motiv-T-Shirts ohne BH durch die Sommermonate fahren.
Berlin – Hauptstadt der Hipstermode
Gucci tragende Powerfrauen die mit gertenschlanken Männern durch die Berliner Nacht dinieren, dieser feuchte Traum der Autorin kling wie ein Märchen, alleine schon weil Berlin die Hauptstadt der Hipstermode ist.
Wäre Frau Kianis Artikel an Frauen gerichtet gewesen, wir hätten eine Welle der Entrüstung erlebt. Glücklicherweise ist der deutsche Mann bequem und bestellt sich seine Kleidung beim Personal Shopping Service, welcher ihm noch ein nettes Brieflein in den Karton mit den bunten Klamotten legt, anstatt einen Aufschrei ins Netz zu twittern.
Wer sich Gabriel Macht in der Serie Suits ansieht, der sieht auch, dass sich Rotweinkonsum und gutes Essen irgendwann auf die Figur auswirkt. Seine Anzüge passen ihm trotzdem, auch die Hemden spannen nicht und mit ein bisschen Training kann er die Figur halbwegs halten. Im wahren Leben ist es wohl auch so. Frau Kiani wird ihren 36-jährigen Hemdentraum in 5 Jahren, nach Nächten in Meetingräumen statt im Gym, nicht mehr wiedererkennen. Der Zahn der Zeit nagt an uns allen, an Frauen und an Männern. Es ist legitim sich schlanke Männer zu wünschen und davon zu träumen, wie die eigenen Hände langsam über die enganliegende Knopfleiste wandern……
Es geht gar nicht um Hemden und Männer
Ganz am Ende ihres Artikels aber kommen wir auf des Pudels Kern. Der ganze Artikel ist nur ein stummer Schrei nach mehr Stil bei Frauen. Sie hat uns Männer nur als Waffe benutzt, um am Ende ihren Geschlechtsgenossinnen eine stumpfe Schneiderschere in den vom Kapuzenpulli verhüllten Hals zu rammen.
Es ist nicht die Knopfleiste des jungen Mannes die sie interessiert, es ist das Baumwolltuch um den Hals der deutschen Frau.
Ein Ruck wird durch das ganze Land gehen, denn neben solchen Männern kann keine einzige Frau mehr mit einem verwaschenen Baumwolltuch (keine Schals!) um den Hals und in einem ausgeleierten Kapuzensweatshirt behaupten, eine Frau zu sein..
Frau Kiani ich mag ihren Artikel. Ich trage lieber Hemden aus Mönchengladbach, meist in Größe 40. Manchmal kleckere ich mit dem Rotwein, nach einem guten Essen spannt bei mir meist auch nichts, ich fahre Rad und meine kaputten Knie malträtiere ich mit Joggingrunden, aber ganz ehrlich manchmal mag ich einen weiten Pulli und eine gemütliche Hose, aber deswegen sind wir Männer nicht alle zu bequem.
Bild: shutterstock
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