Dem Moriki, dem besten Japaner in Town, wie es die WELT in diesem Sommer schrieb, konnten meine bessere Hälfte und ich am gestrigen Abend einen Besuch abstatten.
Freundliche Begrüßung, endlich mal wieder ein Kellner der einem den Mantel abnimmt und dann ab an den Tisch aus, ja aus was ist dieser Tisch? Holz, Kunststoff, irgendein neues Material, welches hell leuchtet, leicht erscheint und einem Lokal mit „Luxusambiente“ den ersten Preis in der Kategorie beste Kantinenbestuhlung einbringen würde.
Dann am Tisch, zwei Investmentbanker als Nachbarn die sich so laut über ihre geilen Deals unterhalten, dass ich kurz darum bitten muss mein eigenes Wort zu verstehen. Sie verlagern sich dann darauf sich beim Essen Bilder von „Dinners“ and „Lunches“ zu zeigen. Glücklicherweise sind die beiden busy und es kehrt bald Stille ein.
Es ist einfach zu laut
Stille? Nein, nicht wirklich, nur das Gerede von Bonds, Prozentpunkten und Shares hat aufgehört, dafür wird mir schlagartig bewusst wie laut es in diesem Speisesaal im Erdgeschoss der Deutschen Bank ist.
Ich komme mir vor wie unter Geiern. Es ist so laut, ich muss mich mehrfach fast über den Tisch beugen, damit ich verstehe was mir Sarah sagen möchte. Das ist kein Luxus, es ist Bahnhofshallenlautstärke. Furchtbar.
Der freundliche Kellner kommt und wir werden erstklassig beraten. Beratung ist notwendig, denn ich habe meine Brille nicht dabei und bin gerade noch in der Lage die Namen der Gerichte zu lesen. Was sich dahinter verbirgt, bleibt ein verschwommenes Rätsel. Die Preise sind relativ groß, aber kleingedruckt. Bei der Weinkarte ebenso. Hier souffliert mir Sarah glücklicherweise die Preise, sonst hätte ich nach Erfahrung bestellt und mein blaues Wunder erlebt.
Die Weinkarte ist gut zusammengestellt und die alte Gastronomefaustregel Einkaufspreis mal 3 wird hier durchgängig angewendet, bzw. leicht überschritten. Dafür eine tolle Auswahl und aushäusig trinken ist eben immer etwas teurer.
Es ist weiterhin laut. Unterhalten müssen wir uns aber nicht, denn das erstklassige Essen ist ein guter Grund einmal zu schweigen und seinem Partner tief in die Augen zu schauen oder auf die Stäbchen, damit das geile Fusionfood nicht von ihm alleine verspeist wird.
Der aufmerksame Kellner schenkt unaufdringlich und nie zu viel nach, er hat tolle Empfehlungen an den Tisch gebracht und damit für einen gelungenen Abend gesorgt.
Tolles Essen in der Kantine
Das Moriki bietet tatsächlich hervorragendes Essen, allerdings in einem furchtbaren Kantinenambiente. Ich finde es dort weder stylish noch cool.
Es mag sein, dass die Redakteure der Luxusausgabe der WELT ein stylisches Ambiente erkannt haben. Offen gesagt ist das evtl. für Menschen die gerne bei Ikea frühstücken auch so.
In meiner Erinnerung gibt es nur zwei Lokale in Frankfurt die ihre Gäste so unverschämt eng beieinander setzen. Dies ist im Holbeins und im Moriki der Fall. Wobei es, wenn es um wenige Zentimeter geht, fast egal ist, denn möglichst viele Tische auf möglichst engen Raum zu stellen ist einer der wichtigsten wirtschaftlichen Erfolgsfaktoren für Gastronomen. So gesehen sitzt man in der modernen deutschen Gastronomie überall in Hörweite seines Sitznachbarn und erfährt so ziemlich viel über Aktiendepot, Hypothekenschulden, Ehebruch und Lieblingsserien auf Netflix
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