„Früher wurde einfach die Hübscheste im Saal gewählt. Heute steckt mehr Potential im Amt der Weinkönigin“. So formulierte es Katharina Fladung bei der Vorrunde zur Wahl der 67. Deutschen Weinkönigin am 19. September im Saalbau in Neustadt an der Weinstraße in ihrem Vorstellungsfilm.
Da ist wohl etwas dran dachte ich mir und lehnte mich, immer eine Hand am tweetgerät, zurück und verfolgte die Auftritte der 12 jungen Damen (hier im Schnelldurchlauf mit Foto und Kurzbschreibung) die als 67. Deutsche Weinkönigin die Herrschaft über Riesling und Spätburgunder anstreben.
Wahl der Deutschen Weinkönigin
Eine Veranstaltung die ein wenig nach Verbandsmuff klingt und auch im Internet nicht gerade als eine Spaßveranstaltung angepriesen wird, wobei ich hiermit nicht die Seite des Veranstalters, dem DWI, meine, sondern die Berichte die sich in den digitalen Printmedien so finden.
Da wird eher brav aus den Pressemitteilungen formuliert und wenig euphorisch über das Amt und die Aufgabe berichtet. Meine bloggenden Juryvorgänger, u.a. Dirk Würtz, hatte da etwas mehr Pfeffer in seinen Beiträgen. Ich konnte feststellen, diese Würze wird aus der Veranstaltung selbst geboren und einfach nicht weiter transportiert.
Es geht bei der Wahl der Deutschen Weinkönigin um eine Repräsentantin des deutschen Weins, also eine Person die eloquent, frisch, selbstbewusst und mit viel Charme & Fachwissen über ihr Thema sprechen kann. Es gibt nicht viele Jobs in Deutschland bei der eine ganze Branche ihre Außenwirkung in die Hände einer jungen Frau Anfang/Mitte 20 legt. Dafür gehört den Ausrichtern ein großes Lob ausgesprochen!
Fraglich ist natürlich warum es keinen Weinkönig gibt, aber diese Frage will und muss ich hier jetzt auch nicht klären, denn ich bin als Mann, in einer von Männern dominierten Jury, mit der Wahl einer Frau ganz happy.
Party
Als ich vor dem Saalbau in Neustadt eintreffe bin ich überrascht, denn es sind keine im Funktionärsalltag ergrauten Silberrücken die hier auf den Einlass warten, ein paar sind schon dabei, neben den Großeltern, Eltern, Onkeln und Tanten, fallen die aber nicht so auf. Stattdessen herrscht eine Stimmung wie beim Lokalderby Frankfurt gegen Mainz. Es wird in bester Cheerleadermanier gesungen und angefeuert. Manche Aspirantinnen haben ganze stehkurvenwürdige Fangruppen angekarrt und mit Plakaten und lustigen Fanmaterial ausgestattet.
Hier ist Stimmung in der Bude. Selbstverständlich geht es hinter den Kulissen, unter den Jurymitgliedern leiser und bedachter zu. Hier sind Vertreter der Bundesländer, Weinbauvertreter, Fachpresse und Presse und ich, berufen die nächste Weinkönigin zu küren. Mit Ruhe und bedacht werden Hände geschüttelt, Geschichten aus dem Vorjahr ausgetauscht und bei diversen Kuchen noch einmal Kraft für die Aufgabe gesammelt.
Während also draußen der Saal tobt wird sich andernorts, der Aufgabe angemessen, in aller Ruhe vorbereitet. Die Wahlunterlagen und Informationen über die Kandidatinnen sind perfekt vorbereitet übergeben worden. Zu jeder Kandidatin eine Kurzvita inkl. der Informationen über Hobbys, Geschwister und Eltern. Spannend was ich alles erfahren darf.
Bevor es bei der Aufzeichnung der Vorentscheidung losgeht müssen die Plätze eingenommen werden, die Gäste werden freundlich begrüßt und es gibt ein paar Benimmregeln für alle. Nicht reinrufen, keine Plakate vor die Kamera halten und immer fair bleiben. Logisch!
Es halten sich auch alle daran, denn die mitgereisten Fans sind zwar in der Anfeuerung ihrer Ladies nicht weniger euphorisch als echte Fußballfans, aber eben doch etwas zurückhaltender und fairer.
Nach der Begrüßung durch Monika Reule vom DWI kommt der Moderator des SWR an die Reihe. Holger Wienpahl ist quasi die Heidi Klum der Weinköniginnenwahl und moderiert sich und die 800 Gäste im Saal ganz munter durch den Spätnachmittag, auch wenn für die Stimmung definitiv das Publikum zuständig ist.
Es wird bald mächtig warm im Saal und ich könnte mir eine schöne Weinschorle vorstellen, auch wenn diese bei der einen oder anderen Kandidatin als Dareichungsform für Wein eher durchfallen würde.
Die Doppelmagnum
Eine Masterjury bestehend aus dem „Weinmann“ des SWR Werner Eckert und der Professorin für Kellerwirtschaft an der Geisenheimer Hochschule, Monika Christmann, sowie dem Chefredakteur von Wein + Markt Werner Engelhard stellten den Thronanwärterinnen Fachfragen rund um Herstellung, Vertrieb und Verbraucherfragen. Hier glänzten die meisten der Teilnehmerinnen mit ihrem Wissen und der eigenen Spontanität und Herzlichkeit. Bei den Fragen von Felicity Carter, die Nummer Vier in der Masterjury, die ihre Frage als Chefredakteurin des internationalen Weinmagazins Meininger‘s Wine Business International in Englisch stellte, strauchelte so manche der Kandidatinnen, evtl. auch wegen Carters australischem Akzent. Es geriet zwar keine in die Untiefen des „senk ju vor träwelling with Deutsche Bahn“, aber hier hätte ich deutlich mehr erwartet, vor allem von den Studentinnen und Absolventinnen der Geisenheimer Uni.
Gefragt wurde nach so einfachen Dingen wie der Bezeichnung einer 3l-Flasche (Doppelmagnum wäre ihr Preis gewesen) und etwas erklärungsbedürftigeren Dingen wie veganem Wein und wie kommen Farbe und Gerbstoffe in den Wein?
Besonders gut hat mir die Frage zum Thema „Wie wichtig ist Onlinewerbung und Onlinehandel für Winzer?“ gefallen. Hier hätte jeder der Kandidatinnen für eine gute Antwort mehr Zeit haben können, dann wäre dieses Zukunftsthema nicht so unbeachtet zwischen weinhaltigen Getränken und Kopfschmerzen untergegangen.
Nach der Vorstellungs-/Fragerunde durch die Jury durften sich die Kandidatinnen noch am Weinbuzzer im Wissenscatchen beweisen und danach wurden sie noch mit gefakten Weinnachrichten konfrontiert bei denen ihnen die amtierende Weinkönigin Janina Huhn an mancher Stelle galant und mit viel Gespür für die Situation über manche kleine Hürde half oder manchmal auch die Regeln der Mathematik ein wenig großzügiger auslegte.
Eine Königin bringt den Moderator ins schwitzen
Wer Janina Huhn auf der Bühne erlebte, konnte ahnen, welche Herausforderungen in den nächsten Monaten auf ihre Nachfolgerin zukommen werden. Auch Holger Wienpahl sollte in den Momenten mit Frau Huhn an seiner Seite warm und kalt geworden sein, denn die junge Dame moderierte sich nicht durch ihre Zeit auf der Bühne, sondern sorgte für Entertainment und Kurzweil.
Nach dem wir als Jury jede der zwölf Kandidatinnen auf Herz und Wissensnieren geprüft hatten und wir das Aussehen nicht beachtet hatten (darum geht es nämlich nicht, auch wenn sich hier keine der Damen hätte verstecken müssen) wurde abgestimmt und sechs glückliche Gewinnerinnen standen fest.
Die Halle tobte erneut, eigentlich hatte sie nie wirklich aufgehört leicht zu zittern sobald eine der Kandidatinnen die Bühne betrat oder etwas sagte, und es ging, von der Aufforderung von Susanne Rothe (Saale-Unstrut) „Was Du heute kannst entkorken, das verschiebe nicht auf morgen“ motiviert an die Weinbars und Buffetstationen.
Ein spanender und unterhaltsamer Nachmittag glitt in den Abend hinüber und es wurde überall gefeiert oder ein Frustwein getrunken, denn das Feld lag eng beieinander und fast jede der 12 Bewerberinnen hätte es unter die Finalistinnen schaffen können.
Die Vorentscheidung hat bereits viel Spaß gemacht und nun bin ich gespannt was das Finale bringt und ob Holger Wienpahl auch wieder „brown after six“ trägt.
Es lohnt sich auf alle Fälle am Freitag mal beim SWR reinzuschauen, denn es wird eine Menge Weinwissen präsentiert und mit einem guten Schoppen in der Hand vergeht die Zeit bis zur Krönung sicherlich wie im Fluge.
Freuen können wir uns auf Caroline Guthier (24) Mitarbeiterin der Bergsträsser Winzergenossenschaft in Heppenheim an der Hessische Bergstraße, Katharina Fladung (22), Studentin der Internationalen Weinwirtschaft aus Oestrich-Winkel im Rheingau, Isabelle Willersinn (25) Master-Studentin Weinwirtschaft aus Stadecken-Elsheim in Rheinhessen, sowie Josefine Schlumberger (21), Studentin Weinbau und Oenologie aus Baden, Lisa Dieterichs (25), Hotelfachfrau von der Mosel und Stefanie Schwarz (25), Studentin der Internationalen Weinwirtschaft aus Württemberg.
Ein Studium in Geisenheim ist offenbar für eine zukünftige Weinqueen nicht die schlechteste Idee, denn fünf der Finalistinnen haben dort gelernt die Reben zu lesen.
Alle Tweets zum Thema gibt es hier und die facebookseite der Deutschen Weinkönigin freut sich auch immer auf Besuch.
2 Comments
Vielen Dank für die Blumen!
mit besten Grüßen
Katharinas Fanclub aus dem Rheingau
[…] vom Vorentscheid, bei dem es primär um Weinwissen und den Umgang auch mit englischen Fragen ging, habe ich bereits geschildert und muss gleich anmerken, dass mir beim Finale das Thema Wissen einfach zu kurz gekommen […]