Etwas überrascht stellte ich diese Woche fest, dass es immer noch Bundesjungendspiele gibt. Gemerkt habe ich es, weil aktuell irgendwelche besorgten Mütter diese Art des sportlichen Kräftemessens an unseren Schulen abschaffen möchten.
Schuld ist der Sohn einer Mutter, der es nur zu einer Teilnahmeurkunde geschafft hatte. Immerhin eine Urkunde! Zu meiner Schulzeit gab es, meines Wissens nach, keine Teilnahmeurkunde. Hätte es sie gegeben, dann wäre dies zumindest der Beweis für meine Teilnahme an diesem Wettbewerb gewesen.
Da an meiner Schule die klassischen Bundesjugendspiele stattfanden, konnte ich in den Disziplinen die ich besser beherrschte als einen schweren Ball durch die Gegend werfen, oder meinen Körper in ein Sandloch zu schmeißen, nicht brillieren. Hätte ich schwimmen gedurft, dann hätte ich Florian unseren schnellsten Läufer locker überholt, denn er bewegte sich durch das Becken der Schwimmhalle wie ein nasser Sack, also ungefähr so wie ich auf der Tartanbahn. Jeder hat eben seine Begabungen, meine lagen nun einmal nicht im schnell laufen, weit werfen oder springen.
Am Tag der Bundesjungenspiele wusste ich immer, dass es für mich im Idealfall eine Siegerurkunde geben würde, wenn ich mich hätte mit den Mädchen messen können. So aber kam ich meist ohne ein Stück Papier nach Hause. Ich heulte mich nicht bei meiner Mutter aus, auch wenn es kein schönes Gefühl gewesen ist, als einer der wenigen ohne Anerkennung durch den Bundespräsidenten heim zu gehen. Statt Mutti den Rockzipfel vollzuheulen, setze ich mich aufs Rad und fuhr ins Schwimmbad. Schwimmen und radfahren hätte mir sicherlich zu den entsprechenden Punkten verholfen, aber ein deutscher Mann muss eben laufen, werfen und springen können.Am Ende meines schulischen Sportdaseins hatte ich auch ohne Bundesjugendspiele meine Highlights erreicht, denn meine nicht vorhandenen Erfolge bei diesem Wettbewerb haben mich nicht davon abgebracht, mich als erfolgreicher Badmintonspieler und Schwimmer zu beweisen.
Obwohl ich nur eine Siegerurkunde und eine Ehrenurkunde (zu der ich gekommen bin, weil ich statt im 1.000m Lauf im 3.000m Lauf angetreten bin – und es überlebt habe) in meinem Bundesjungenspielleben erreicht habe, würde ich heute nie für die Abschaffung plädieren.
Sie sind ein Gradmesser für die sportliche Fitness und zeigen einem welche sportlichen Talente in einem schlummern können. Wenn dies nicht laufen, werfen und springen ist, dann können es andere sein. Mütter die heute mit viel Elan gegen diesen Wettbewerb kämpfen, sollten sich vielleicht mehr um ihre Kinder kümmern und sie dort fördern wo sie Erfolge erleben können, statt sie vor einem Schaden bewahren zu wollen, der wohl kaum einer ist.
In Werken hatte ich übrigens eine Vier, ich konnte nicht so gut mit dem Holzkram umgehen und eine Lok daraus basteln, dafür konnte ich besser kochen, was mir später mehr Sympathien in der Frauenwelt einbrachte als eine handgeschnitzte Holzlokomotive.
Wir sollten die Bundesjungenspiele ruhig als das sehen was sie sind, ein Wettbwerb der es ermöglicht uns selbst besser einschätzen zu können. Wettbewerbe verbieten in einer Welt in der es jeden Tag darum geht sich mit Anderen zu messen ist eine ziemlich dumme Idee.
1 Comment
Ich sag nur Helikopter Eltern. Sobald eines dieser verweichlichten Heulsusenkinder in solch einem Wettbewerb, oder allgemein in der Schule, nicht das Erreicht was andere erreichen gehen die Eltern los und wollen es Abschaffen. Ich hab auch nie eine der Anstecknadeln bekommen oder eine Urkunde aber mich trotzdem auf den Tag gefreut. Immerhin war da dann keine Schule. Kinder werden heut oft so erzogen dass alles was ihnen nicht passt aus dem Weg geräumt und abgeschafft wird und das find ich sooo ätzend. Es wird immer jemanden im Leben geben der besser ist aber das kann man eben nicht vermeiden und das gehört dazu.
Für uns war es einfach immer ein Fest und es gab kein großartiges Theater wenn man keine Urkunde bekam. Uns ging es nicht um den Wettbewerb sondern um den Spaß an dem Tag und wir haben einfach unser bestes Gegeben.
Grüße
Karo