Townships wurden in Südafrika und im heutigen Namibia (früher unter südafrikanischer Verwaltung) als Teil der Rassenpolitik geschaffen, bei der es darum ging die weißen Bewohner der Städte von der schwarzen, farbigen oder indischen Bevölkerung zu trennen. Dies geschah nach 1945 auf Grundlage des Natives Urban Areas Consolidation Act (Act No 25 / 1945).
Die weiße Politik im Südafrika der Apartheid begründete die sehr einfach Bauweise in den Townships u.a. mit nachfolgender Begründung.

Hütte in einem Township
„größere, bessere, attraktivere und luxuriöse Bedingung“ zu schaffen; es muss „bedacht werden, dass ein städtisches Bantu-Wohngebiet kein Heimatland, sondern Teil eines weißen Gebietes ist. Wenn diese Bedingungen zur Folge haben, den Bantu nicht nur an einen fremden Geschmack zu gewöhnen, sondern ihm auch einen Luxus aufzwingen, den sein Heimatland nicht bieten kann, und ihn so von dem entfremdet, was das Seinige ist, …“
Nach dem Ende der Rassentrennung wurde die Lage in den Townships langsam verbessert, aber noch heute lebt eine sehr große Anzahl von nichtweißen Südafrikanern in einfachsten Wohneinheiten am Rande der Städte. Townships gibt und gab es nahezu in jeder Stadt. Eine Tatsache die mich bei meinem ersten Aufenthalt (2006) in diesem, sehr schönen, Land doch überrascht hat.
Wir fuhren damals mit dem Auto durch Südafrika und stellten bald fest, dass ein Township ein fester Bestandteil einer jeden südafrikanischen Siedlung ist. Bis heute sind die Townships für mich einer der verstörensten Anblicke. Die Tatsache, dass viele Bewohner der Townships arbeitslos sind, wenig Perspektive haben und es dort auch eine hohe Konzentration an HIV-Infizierten gibt, macht diese Orte zu einem der Gründe warum Menschen mich immer wieder fragen was mich an Südafrika reizt und ob es dort nicht wahnsinnig gefährlich ist.
Südafrika ist, laut der UN, ein Land mit einer Spitzenreiterposition bei diversen Verbrechen, diese finden aber zu großen Teilen in den Townships statt. Die weiße Bevölkerung schützt sich auch noch heute mit hohen Mauern und großen Sicherheitsmaßnahmen gegen Einbrecher und vor dem „schwarzen Mann“. Das es unter vielen weißen Südafrikanern Ängste vor Übergriffen gibt ist den immer noch schwierigen Verhältnissen aus der Zeit der Apartheid geschuldet. Die Suppe ihrer Ur-Großväter werden die weißen Südafrikaner noch eine ganze Weile auszulöffeln haben. Glücklicherweise verbessert sich die Situation. Dies konnte ich mit eigenen Augen bei meinen letzten Aufenthalten feststellen. Es wird aber noch lange dauern und vielen Anstrengungen aller Südafrikaner bedürfen, bis sich halbwegs gleiche Lebensbedingungen für einen großen Teil der Bevölkerung einstellen.
Township-Tours? Menschen gucken!
Warum schreibe ich das hier heute auf? In der Facebook-Gruppe Kapstadt gab es eine Anfrage zum Thema Townshiptours und wer welche empfehlen können. Im Rahmen dieser Nutzeranfrage kam es zu einer Diskussion zwischen Befürwortern von Township-Touren und Leuten die dem Thema eher kritisch gegenüberstehen.Ich lehne Township-Touren ab! Es mag gute Gründe geben sich ein Township anzusehen: Als Sozialarbeiter, als Mitarbeiter einer caritativen oder kirchlichen Einrichtung der/die dort lebt und den Menschen hilft, als Mitarbeiter eines Kindergartens oder einer Schule.
Touristen die für ein paar Stunden mit einem Bus oder unter „Bewachung“ durch die Townships geführt werden, weil sie mal die Kultur schnuppern möchten, sich ein gutes Gewissen für 10 € kaufen wollen, haben dort wenig zu suchen. Kommentare wie diese sind m.E. nach ein deutlicher Beweis dafür:
Also ich habe selbst in einem Waisenhaus in einem township gearbeitet und die besagte „township tour“ heißt nicht, das man hinter jede Tür schaut, sondern das man einen tollen tag mit den Kindern verbringt mit fußball spielen, malen und sie eben mal mehr als Reis zu essen bekommen, das alles bezahlst du mit umgerechnet 10€ und die Kinder freuen sich mal Fleisch, sandwiches, Süßigkeiten und Limonade zu bekommen!
Schön! Die Kinder freuen sich, weil der weiße Mann mal für 10€ durch ihr Wohngebiet gefahren ist und auch noch nett mit ihnen gespielt hat. Warum bringen wir nicht gleich wieder Glasperlen mit?
Zynische Begründungen
Begründungen wie die oben zitierte finde ich zynisch und für mich haben die geführten Touren durch die Townships etwas von einer Zoo-Tour oder einer Art Safari. Auch wenn manche Veranstalter von einem verantwortungsvollen und respektvollen Umgang bei ihren, stets von Guides begleiteten, Touren sprechen, lesen sich manche Tourbeschreibungen wie Safaribeschreibungen:
Siviwe Tours führt dich in das älteste schwarze Township Kapstadts. Während du zu Fuß, natürlich von Guides begleitet, durch die Siedlung läufst, wirst du Häusern in sehr unterschiedlichen „Bauweisen“ begegnen, abhängig vom sozial-ökonomischen Status der Einwohner dort. Du hast die Chance die Bewohner des Townships auf isiXhosa zu grüßen und dich mit ihnen zu unterhalten.
Es ist als Besucher Südafrikas wichtig sich mit den sozialen Problemen des Landes zu beschäftigen, vor allem weil sie den größten Teil der südafrikanischen Bevölkerung ausmachen. Wenn ich etwas verbessern möchte, dann kann ich spenden, ohne mit Kindern Alibifussball gespielt zu haben, oder in einem sozialen Projekt mitarbeiten.
In meinen Augen ist es immer noch zynisch, wenn ich mich als Tourist mit Begründungen wie oben, davon frei mache, dass es komisch ist, wenn ich mir die schlechten Lebensbedingungen anderer Menschen als Touristenattraktion ansehe.
Südafrika braucht Touristen, alle Südafrikaner profitieren auch vom Tourismus, aber ich finde es falsch, wenn schlechte Lebensbedingungen zu einem Tourievent gemacht werden, mag die Begründung noch so sehr von der Idee getragen sein, denn Touristen die Folgen der Rassenpolitik vor Augen zu führen. Es gibt auch andere Möglichkeiten, Menschen gucken finde ich eher schwierig!
Anmerkung zu den Bildern & zum Land:
Die Bilder habe ich 2006 aus einem fahrenden Zug zwischen Wilderness und George gemacht. Es handelt sich dabei um Aufnahmen des Townships von George. George liegt an der Garden Route. Wilderness ist ein faszinierender Ort mit einem tollen Strand und wunderschönen Hotels. Noch heute kann ich mich an die Diskussion mit meiner damaligen Reisebegleiterin erinnen, ob es richtig ist mit einem Touristenzug (der leider nicht mehr fährt) durch die Landschaft zu gondeln, wenn es so große Unterschiede in den Lebensbedingungen gibt. Diese Frage stelle ich mir bei jedem Aufenthalt in Südafrika, aber ich habe sie mir auch schon in anderen Ländern gestellt. In Südafrika sind die Unterschiede eben manchmal zum Greifen nahe und daher bewegen sie einen vielleicht mehr. Mich bewegt Südafrika auch deswegen immer wieder emotional, weil die Zerissenheit des Landes sich auch immer ein wenig in einem selbst wiederfindet, immer dann wenn der Parkplatzguide auf einen zukommt und du dich fragst ob das jetzt alles sein muss.
Unterschiedliche Lebensbedingungen gibt es überall auf der Welt, wir dürften kaum noch irgendwo hin fahren, wenn wir dies als den obersten Maßstab ansetzen würden. Für mich sollte aber der Tourismus dort enden, wo er sich mit zu großen und aufgezwungenen Unterschieden in den Lebensbedingungen zu einem Event entwickelt.
Wir werden wieder nach Südafrika reisen, in Kapstadt werde ich mich wieder über die Cape Flats ärgern, aber ich werde auch die Veränderungen sehen die sich am Township von Stellenbosch abzeichnen und feststellen, dass es aufwärts geht und mich darüber freuen.
1 Comment
Toller Artikel. In Namibia war ich nicht, dafür in Kapstadt, die komplette Garden Route und Port Elizabeth. Südafrika ist ein faszinierendes Land. Für mich ein Land das Europa verschluckt hat im positiven Sinne. Denn das Land bietet von jedem etwas. Für mich persönlich war die Reise durch das Land aufregend und auch schockierend. Ich fühlte mich unwohl als ich in einem Restaurant saß mit nur Weißen und uns Farbige und Schwarze bedienten. Ich hatte das Gefühl als wäre hier die Zeit stehen geblieben und kam mir vor wie in einem alten Film. Aber man versicherte mir dort, dass diese arbeitenden Menschen sich nicht so fühlten als würden sie die Weißen bedienen. Sie sind froh eine Arbeit zu haben. Die Township Touren habe ich nicht mitgemacht, aber dafür damals in der Dom Rep eine ähnliche Tour. Ich dachte es sei eine Sightseeing Tour über Kakao und Kaffee Plantagen und das richtige Leben der Bewohner. Mich interessiert nicht das Begaffen, sondern das Leben der Leute und wie man helfen kann oder was notwendig ist, um die Bedingungen zu verbessern und was die Leute selber über ihr Leben denken. Das ist ein wichtiger Punkt. Die Industrieländer übernehmen gern mal die Entscheidung wie ein gutes Leben auszusehen hat, obwohl es Ansiedlungen gibt, die nicht das Leben wollen was wir hier haben. Es ist ein sehr schwieriges Thema finde ich. Man muss alle Seiten beleuchten und darf nicht nur seine westliche Sichtweise sehen. Mir haben in Afrika auch ein paar schwarze Ladies erzählt, dass sie stolz sind endlich im Township leben zu dürfen und sich ein Haus bauen konnten, denn vorher besaßen sie nichts. Für uns sind Townships furchtbar, aber für viele Menschen dort ist es ein Zuhause geworden, weil sie nichts besseres kannten vorher. Natürlich sind die Bedingungen aus unserer Sicht erschreckend, aber man muss dennoch bedenken, dass viele davor nichts hatten. Wenn man sich aus einem nichts ein Zuhause baut und darin leben kann, ist man stolz das geschafft zu haben. Dennoch wünsche ich mir, dass vor allem die Investoren und mächtigen Personen in der Politik wirklich das Leben aller armen Länder verbessern würden. Meiner Meinung nach wird mit Absicht nicht alles dementsprechend verbessert wie es verbessert werden könnte. Auf dieser Erde gibt es genügend mächtige Menschen mit sehr viel Geld, aber deren Interessen sind andere als das Leid von armen Menschen zu verbessern. Warum investiert man lieber in Waffen und andere Geschäfte als das einmal in Projekte zu stecken für die Umwelt…aber ich muss sagen mehr als die Township hat mich Indien geprägt. Hier prallen zwei Welten direkt aufeinander. Wenn man dann noch in einer Stadt eine Leiche auf dem Boden liegen sieht, ist das wahrlich krass. Aber für die Leute ist es nicht unnormal…als Tourist muss man sich genau informieren, wenn man Länder bereist, die Dinge für einen bereit halten mit denen man normal nie rechnen würde. Wenn man sich aber bewust bestimmter Dinge ist, sieht man das Land mit anderen Augen. Aber es wird immer Touris geben, die sich nur bespassen lassen wollen und dann gibt es wie du beschrieben hast, die die helfen, verstehen und zum umdenken bewegen wollen.