Statt des Gentleman-Ermittlers, van Allmen, präsentiert uns Martin Suter einen Gegenentwurf in seinem neuen Roman Montecristo. Jonas Brand heißt er und er ist wirklich anders als der gesetzte, aber fast immer vor der Insolvenz stehende, Gutsherrenermittler nebst Butler. Jonas Brand ist Videojournalist, etwas naiv, dafür ein guter Koch und irgendwie ein netter Bursche.
Worum geht es in Montecristo?
Ein Personenschaden bei einer Fahrt im Intercity und zwei Hundertfrankenscheine mit identischer Seriennummer: Auf den ersten Blick hat beides nichts miteinander zu tun. Auf den zweiten Blick schon. Und Videojournalist Jonas Brand ahnt bald, dass es sich nur um die Spitze eines Eisbergs handelt. Ein aktueller, hochspannender Thriller aus der Welt der Banker, Börsenhändler, Journalisten und Politiker – das abgründige Szenario eines folgenreichen Finanzskandals.
Ein Unterhaltungsroman der Oberklase?
Preislich gesehen sind Romane aus dem Hause Diogenes immer Oberklasse. In den meisten Fällen auch inhaltlich, allerdings gibt es in der Oberklasse auch feine Nuancen, und hier ist es sicherlich angebracht von einem Kriminalroman und Verschwörungstheoriensammelbecken auf Oberklasseneinstiegsniveau zu sprechen.
Martin Suter hat in seinem neuen Roman Montecristo eine Menge Zeitgeschehen aufgearbeitet und der Leser bekommt einen Einblick in die feine Bankgesellschaft der Schweiz und wie schön es sein kann, bei dickem Schneefall die dunkelsten Geschäfte zu machen.
Zu Beginn von Montecristo ist der Plot dicht und mit viel Spannung unterlegt, es entwickelt sich ein schöner Verschwörungskrimi inmitten der besten Kreise der Schweiz, dann aber irgendwann gibt es eine Wendung in diesem, zweifelfrei guten, Buch. Eine die den Plot dann nur noch wie einen ganz normalen Krimi erscheinen lässt. Irgendwo zwischen den Machenschaften einer Firma die für den Druck der Banknoten in der Schweiz zuständig ist, den vielen noblen Restaurants und einem thailändischen Knast wird die Story zu durchsichtig und verliert sich in einem sehr vorhersehbaren Plot.
Aus Jonas Brand hätte Suter mehr machen können. Mehr als den Videojournalisten der sich einen großen Traum erfüllen möchte, allerdings mit ziemlich schlechten Startbedingungen gesegnet ist und dann ganz plötzlich eine attraktive und schon fast sexsüchtige Frau trifft und dann auch noch die richtigen Leute für seinen Traum. Irgendwie ist das nicht der Thriller von dem der Stern schreibt, eher eine gut erzählte Geschichte die eine große Dosis aktueller Ereignisse miteinander verrührt und dann wieder auf das Niveau der „kleinen“ Schweiz herunterbricht.
An manchen Stellen hat Montecristo zuviel RTL in sich und zu wenig ARTE, wenn es um eine Drehbuchvorlage gehen würde.
Alles in allem ein Roman der uns gut unterhalten kann, aber Suter kann es deutlich besser.
Eine Leseprobe ist hier als Download erhältlich.
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