Am Ende ist es im Kino ziemlich ruhig, nicht so ruhig wie damals nach dem Schindlers Liste endete, aber es ist merkwürdig ruhig. Dies mag auch an der fehlenden Abspannmusik liegen, vielleicht auch an der Uhrzeit, denn immerhin ist es nach 23.00 Uhr als der Abspann von American Sniper zu laufen beginnt.
Amerika liebt seine Helden und amerikanische Helden können Menschen sein die in anderen Ländern vielleicht respektiert würden, aber nicht unbedingt gefeiert. Ein solcher Held ist Chris Kyle.
Scharfschütze der US-Navy, er hat 160 belegte Abschüsse „kills“ von Feinden in seiner Laufbahn erreicht. Damit ist er der erfolgreichste Scharfschütze in der Geschichte des US-Militärs. Er hat mit seinen Schüssen vielen Kameraden das Leben gerettet, dies macht ihn zu einem Helden, zu einem Mann der in ländlichen Gegenden Amerikas gefeiert wird und im Süden verehrt wird. Dort wo der amerikanische Patriotismus nicht nur vom zweiten Zusatzartikel geprägt ist, sondern auch einmal kritisch hinterfragt wird, da ist dieser amerikanische Held auch Gegenstand kontroverser Diskussionen. Der US-Filmemacher Michael Moore geht sogar so weit, dass er einem Scharfschützen das Heldentum per se abspricht.
Ist American Sniper ein billiger Propaganda-Film, in dem uns Clint Eastwood einen modernen Cowboy präsentiert der schneller seine Waffe zieht als sein Schatten?
Die Frage ist durchaus mit einem Ja zu beantworten, denn am Ende enthält dieser Film alles was ein typischer Film über einen Helden in den Reihen der US-Armee enthalten muss, ein Film über jeden „guten“ Soldaten enthalten muss: Kameradschaft, Treue, Liebe zu seinem Land, Aggression, den bösen Feind und eine Ehefrau die ihn liebt.
Wer sich solche Filme ansieht und nicht kritisch hinterfragt was ihm da über 90 Minuten aufgetischt worden ist, der könnte direkt ins nächste Rekrutierungsbüro gehen und sich für den großen Abenteuerurlaub mit Bezahlung anmelden. In den Staaten passiert dies täglich, denn dort ist die US-Armee immer noch eine Möglichkeit, vor allem für die schlecht ausgebildete und mit höherer Arbeitslosigkeit versehene, schwarze Bevölkerung eine Möglichkeit den „American Dream“ zu leben.
Der amerikanische Traum: Die USA als moralische, wirtschaftliche und militärische Führungsnation der Welt wird in American Sniper mehr als einmal in den Vordergrund gestellt. Chris Kyle verkörpert als Sunnyboy beim Rodeo und als Sniper die Werte eines patriotischen und von der Überzeugung die „Weisheit mit Löffel gefressen zu haben“ getragenen Landes das perfekte Abziehbild dieser Illusion.
Der Film erzählt uns, teilweise mit sehr gut in Szene gesetzten Kampfszenen, die Geschichte die wir schon aus so vielen anderen amerikanischen Kriegsfilmen kennen. Ein Land verkörpert durch einen Soldaten oder eine Einheit kämpft für Amerika. Ob es dabei gegen Deutsche, Russen, Vietnamesen, Iraker, Islamisten, Kommunisten oder gegen andere Feinde geht, die Story ist austauschbar. Neu ist der stärkere Fokus auf die Folgen der Kriege, auf die zerstörte Psyche, aber selbst die wird durch das kameradschaftliche Helfen am Schießstand geheilt. Während John Rambo noch eine fiktive Person gewesen ist und auch deutliche Kritik am Umgang der US-Gesellschaft mit den Kriegsveteranen übte, ist die Geschichte von Chris Kyle zum großen Teil eine echte Lebensgeschichte, deren Kritik an den Kampfeinsätzen eigentlich zu kurz, bzw. zu patriotisch übertüncht geäußert werden.
Die Stille am Ende: Sie ist vermutlich auf die persönliche Verbindung eines jeden Zuschauers mit Chris Kyle zu erklären, der am Ende ein toter amerikanischer Held ist. Vor unseren Augen läuft dann die Zeremonie auf dem Friedhof in Arlington ab, die wir schon mit so vielen amerikanischen Filmhelden geteilt haben, und die uns vor Augen führt was der Unterschied ist zwischen der deutschen Sicht auf einen Soldaten der in Erfüllung seiner Pflicht gestorben ist und der amerikanischen Sicht: Sein Dienst und seine Taten werden respektiert und gelten als gesellschaftlich anerkannt, wir diskutieren immer noch über Mörder in Uniform.
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Wird dieser Chris Kyle jetzt als Held dargestellt oder nicht – und brauchen wir Helden? Oder Filme mit solchen Helden?